Bahnhof Hämmelerwald und Dollbergen, Wirkungsstätten des Großvaters Friedrich
Die Liebe zum Dampfzug kommt nicht von meinem Großvater Friedrich Sauer, geboren 1873 und gestorben 1966, der von Beruf Bahnhofsvorsteher war. Er wohnte mit Familie und als Vater von 11 Kindern im Bahnhofsvorsteher-Haus an der Bahntrasse in Hämmelerwald. Zu der Zeit aber war ich noch gar nicht auf der Welt. Ich lernte ihn erst in Sivershausen kennen, er war schon im Ruhestand und wohnte verständlicherweise abseits des Schalls jeglicher Bahntrassen. Hämmelerwald ist 5 km entfernt; dort war wegen einer Raffinerie, einem Ziegelwerk und landwirtschaftlichen Lagerhäusern sowie einer großen Textil-Firma schon 1864 eine Bahnstation errichtet worden. Die kerzengerade Schnellbahntrasse Hannover-Berlin war und ist die Lebensader zwischen der Hafenstadt Hamburg und Berlin. Hannover profitiert davon, aber auch Braunschweig, nicht zuletzt wegen des VW Werkes in Wolfsburg, wo über Dollbergen eine eigene Schnellbahntrasse abzweigt. Hannover-Berlin ist heute neben der Rheinbahntrasse die meist befahrenene Strecke Deutschlands. Es fahren täglich 254 Züge. Die Länge der oft über 500 m langen Güterzüge ist beeindruckend. Meine Faszination Eisenbahn aber stammt aus der Dampftechnik von einst. Die großen Dampflokomotiven der Schnellzüge rauschen wie Ungeheuer an den Bahnhöfen vorbei, eingepackt in Dampf-Wolken, Zischen, Schnauben und Donner !! Als Kind ein unvergessliches Schauspiel !!
Es war Sommer 2015, heißester August seit Aufzeichnung des Wetters. Temperaturen im Schatten bei uns im Süden 38 bis über 40°! Ich erinnerte mich an meine Wurzeln mütterlicherseits und zog in den kühleren Norden. Drahtsessel gepackt auf Womo und ab ging es. Nach eine Übernachtung an der Saale war unser erster Halt am Bahnhof in Hämmelerwald;
Garten des Bahnhofvorsteherhauses auf der Süd-Westseite
„Dienstwohnung“ Haus des Bahnhofsvorstehers Friedrich und seiner Ehefrua Alwine, Geburtshaus meiner Mutter Erika Sauer am 21.11.1921
Nach Besichtigung der Bahnanlagen und Gespräche mit älteren Nachbarn sowie dem heutigen Stellwärter des Bahnhofes suchten wir eine Übernachtungsstelle und fanden an der „Sandkuhle“ des ehemaligen Ziegelwerkes von Hämmelerwald einen hübschen kleinen Camping unter lockerem Kiefernbestand. Die Lehmkuhle erinnerte mich an früher, wir hatten sie jetzt zufällig gefunden! Sie gehörte zu einem Ziegelwerk, deren gemauerten roten Steine überall in der norddeutschen Tiefebene an den großen landwirtschaftlichen Höfen und an den schnuckeligen Häusern bewundert werden können. Sie wurden am Bahnhof des Großvaters Friedrich verladen. 1952 war die Ziegelei schon stillgelegt. Die Tonerden waren aufgebraucht. Zurück blieb ein großer See, dieser diente uns Kindern damals schon als Badesee. Wir planschten in selbstgestrickten Badehosen im lehmgelben Wasser! Es war ein tonweicher und doch fester Sandstrand, ohne lästige Kieselsteine, umgeben von lockerem Kiefernbestand. Heute ist dort ein romantischer, kleiner Campingplatz am wunderschön eingewachsenen See. Am Abend hört man das Kricken der Enten, das Rufen der Kraniche und das Landen der Wildgansschwärme, die auf dem Wasser übernachten. Zufriedenes Geschnatter unterbricht noch vereinzelt die Stille. „Abend Stille überall“ kehrt ein. Die Romantik am See wird nur manchmal unterbrochen durch das weit entfernte Rauschen der auch nächtens fahrenden Güterzüge. Wir genossen das Panorama im blauroten Abendlicht. Die tief stehende Sonne hinterlässt ein rotblaues Schwarz, das Panorama aus durch Baumkronen fallende Licht zwischen Schilf und See spiegelte sich im Weinglas, die Fahrt war anstrengend, wir gingen früh zu Bett. Draußen rauschte der Wind durch die tief über den See hängenden Weiden. Das Wassser gluckste. Die Vergangenheit kam langsam über mich, trat ein in meinen Schlaf. Mit dem Stahl-Rad von Tante Elisabeth radelte ich, ohne Gangschaltung, durch die Pfade meiner Kindheit, bin im Traum unterwegs als kleiner Schwabe, holpere über das Kopfsteinpflaster des großväterlichen Nordens.
Die Fahrt durch Baumalleen zum nicht weit entfernten Bahnhof Dollbergen, an der Bahnstrecke Hannover-Wolfsburg. In meiner Erinnerung waren die mit Kopfsteinpflaster versehenen Landstraßen alle mit Alleenbäumen gesäumt. Heute eher eine Seltenheit.
In Sivershausen-Ambostel finden sich noch Bilderbuchauernhöfe, die früher bis zu 300 Morgen bewirtschafteten. Ferschhof, Heuerhof, Herbsthof, alle mit herrlichen, alten Baumbeständen, oft ummauert und mit den obligatorischen, gekreuzten Pferdeköpfen am Dach- Giebel, oft auch noch zwei Eichen links und rechts der fürstlichen Haustüre, alles in Großvater´s Nachbarschaft.
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Wir besuchtern auch das Grab des erst 2014 mit 90 Jahren verstorbenen alten Freundes Friedrich Winkelmann, ein Bindeglied der Familie Beck zwischen Mutters Heimat und dem Schwabenland, war er er doch in beiden Regionen zuhause, durch Arbeit im Süden, Jugend und Alter im Norden, wo er aber auf sein Württmberger Viertele dann imRuhestand nicht mehr verzichten wollte.
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